Die globale Wirtschaft erlebt einen Paradigmenwechsel. Im Zentrum stehen nicht mehr allein Großindustrielle und Banker, sondern die Nutzer. Wir haben uns an die Macht der Sternchen und Punkte gewöhnt. Wenn wir ein Hotel suchen, prüfen wir, ob es gut bewertet wurde, bei eBay kaufen wir definitiv nicht bei jemandem, der viele Negativbewertungen hat, bei Amazon werden wir misstrauisch, wenn die obersten Kundenrezensionen allzu euphorisch klingen. Dann lesen wir vorsichtshalber nach, was die Kunden so geschrieben haben, die nur einen oder zwei Sterne vergeben haben.
Die globale Wirtschaft erlebt einen Paradigmenwechsel. Im Zentrum stehen nicht mehr allein Großindustrielle und Banker, sondern die Nutzer. Sie tauschen in der App-Ökonomie nicht einfach nur Geld gegen Leistung, sie liefern dieser neuen Wirtschaft ihre Daten. Und die erzeugt jeder ständig, und jeder kann sie nach eigenem Gutdünken verteilen.
Diese Daten werden immer mehr zu einem Kapital der Nutzer. War es früher dem Einzelnen fast unmöglich, als Kunde bei einem Konzern Gehör zu finden, so kann er heute mit einer einzigen Nachricht einen ganzen Shitstorm entfachen. War es für Einzelhandelsunternehmen eher ein Verteilen der Ware an die Kunden, gab es kaum die Notwendigkeit, an so etwas wie Service oder Customer Experience zu denken. Der Kunde war ja froh, wenn er die Ware gleich mitnehmen konnte.
Heute dreht das Internet diese Beziehungen und aus dem David wird ein Goliath.
Doch der Goliath von früher kapiert das erst langsam. Seine ganze Organisation ist nach wie vor auf das Verteilen eingestellt und nicht auf den mündigen Kunden, der später bei Facebook seinem Frust freien Lauf lässt.
Eine Antwort darauf ist das Service-Design. Durch das Wechseln der Perspektive auf das Unternehmen aus Kundensicht entstehen neue Anforderungen auf Fragen, die kein Produktmanager so stellen würde. Denn der Produktmanager denkt in USPs und Differenzierungsmöglichkeiten gegenüber dem Konkurrenzprodukt. Höher, weiter, schneller ist dabei das Motto. Und nicht die Frage: Wie kann mein Produkt, wie kann meine Dienstleistung zur Lösung eines Kundenproblems beitragen? Wie auch? Wie sollte man sich als Problemlöser verstehen können, wenn man nicht die Rolle des Kunden einnimmt und einmal in seinen Schuhen wandelt. Oder neudeutsch: Customer Journey.
Service-Designer wandern tatsächlich in den Schuhen des Kunden durch deren (Service-)Welt und sehen, wenn ein Ort schlecht ausgeschildert ist oder etwas eine Barriere darstellt. Diese Reise dokumentieren und beurteilen sie und liefern dem Unternehmen detaillierte Ideen, den Service, das Informationsdesign oder die Dienstleistung am Kunden auszurichten.
Die Methode macht Defizite im Service sichtbar, die manchmal zwar auch Kunden sehen … die Frage ist nur, ob diese auch bemängelt werden und ob diese Anregungen von Unternehmensseite ernsthaft aufgenommen und weiterverfolgt werden. Das ist jedoch nur ein Aspekt des Service-Design-Prozesses. Durch die Anwendung von Explorationstools dringen Service-Designer wesentlich tiefer in die Welt der Kunden ein (Discovery) und erkennen Innovationspotentiale. Auf der Grundlage umfassender Analysen entwickeln sie Service-Szenarien (Creation), um kreativ an der Verbesserung und an Innovationen von Services zu arbeiten. Anschließend wird geprüft, ob diese Szenarien auch der Realität standhalten (Reality Check). Ist dies der Fall, werden die Innovationen eingeführt (Implementation).
Dieser Prozess erfolgt in den vier im Ansatz beschriebenen Stufen:
Discovery (= Entdeckung, Enthüllung, Ermittlung)
Creation (= Gestaltung, Erschaffung, Design)
Reality Check (= Realitätsprüfung)
Implementation (= Einführung, Umsetzung, Anwendung).
Service-Design liefert Denkanstöße und vor allem Unternehmern und Führungskräften auch die Anregung, sich den Service selbst einmal aus Kundensicht anzusehen und als Regisseur sozusagen neu zu inszenieren. Nur so kann es gelingen, Service komplett neu zu definieren. Und das gilt sowohl für die analoge als auch für die digitale Welt.